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Leseempfehlung & Stellungnahme: Gesundheitssysteme im Vergleich – Eindrücke aus der Schweiz und Perspektiven für Deutschland

Leseempfehlung by Prof. Dr. Ruth Anna Weber

Im Rahmen einer dreitägigen Studienreise in die Schweiz erhielten Studierende der Pflegewissenschaft der Steinbeis Hochschule in Marburg, mit dem Schwerpunkt Management und Psychiatrie tiefe Einblicke in das Schweizer Gesundheitssystem. Die Besuche im Kantonsspital Uri, bei der Helikopterrettung der rega, der Luzerner Psychiatrie in St. Urban sowie im Paraplegikerzentrum Nottwil und dem Bildungszentrum XUND zeigten ein hochmodernes, gut organisiertes und durch Bürgerengagement = „Gönner“ mitgetragenes Versorgungssystem. Besonders beeindruckend war der gelebte Kulturwandel im Kantonsspital Uri, das konsequent auf Lean-Management, Teamführung auf Augenhöhe und Pflegequalität setzt. Die rega demonstrierte eindrucksvoll, wie Luftrettung zur Regelversorgung gehören kann – getragen von einem breiten gesellschaftlichen Rückhalt.

In der psychiatrischen Versorgung wurde sichtbar, dass die Schweiz bei der Implementierung von Advanced Practice Nurses (APN) einen kleinen Schritt nur weiter ist als Deutschland. Die digitalen Strukturen, moderne Bildungszentren wie XUND und der wertschätzende Umgang mit Pflegepersonal runden das Bild eines zukunftsorientierten Systems ab.

Im Kontrast dazu steht der lesenswerte Artikel von Prof. Dr. Wolfgang Schroeder (f&W 2/25), der das deutsche Gesundheitssystem kritisch analysiert. Er spricht von einem System, das zwar teuer ist, aber zunehmend an Vertrauen und Legitimation verliert, ganz im Gegensatz zum oben beschriebenen „Schweizer System“. Die Pflegeversicherung gerate an ihre Grenzen, Reformen seien oft zu wenig wirksam oder verlaufen im politischen Klein-Klein. Besonders deutlich wird: Trotz Investitionen in Entgelt und Struktur habe sich die Pflegesituation kaum verbessert. Es fehle an nachhaltiger Steuerung, einer verbindlichen Allokation von Ressourcen und einer politischen Kraft, langfristige Reformen wirklich umzusetzen. Auch die Digitalisierung kommt in Deutschland oft nur top-down organisiert an und bleibt im Alltag hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Die Studienreise und der Artikel ergänzen sich in idealer Weise:

Während die Reise erlebbar macht, wie ein modernes Gesundheitssystem funktionieren kann – mit bürgernaher Finanzierung, klarer Rollenentwicklung (z. B. APN), innovativen Bildungsstrukturen und einem positiven Umgang mit Pflegekräften – verdeutlicht der Artikel, wo das deutsche System aktuell steht und welche strukturellen Veränderungen notwendig wären.


Fazit:

Wer die Unterschiede zwischen dem Schweizer und deutschen Gesundheitssystem verstehen möchte und Anregungen für einen konstruktiven Vergleich sucht, dem sei der Artikel von Prof. Schroeder wärmstens empfohlen. Er liefert einen systemischen Blick auf die Herausforderungen in Deutschland – und motiviert, die Erfahrungen aus der Schweiz – und auch dem europäischen Ausland - als Inspirationsquelle für Veränderung zu nutzen.

 

 
 
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